Preisträger:innen

UBERMORGEN

UBERMORGEN, The Next Biennial Should Be Curated by a Machine, 2021, www.whitney.org/exhibitions/the-next-biennial, Copyleft UBERMORGEN, mit Genehmigung des Künstlerduos

Luzius Bernhard und Lizvlx erweitern mit UBERMORGEN seit den 1990er-Jahren das Feld der Netzkunst mit Projekten und Interventionen und loten die Möglichkeiten des Internets immer wieder aufs Neue aus. Mit ihren Arbeiten reflektieren UBERMORGEN über das Internet als Marktplatz die Logik des Internets als Vernetzungsmaschine und intervenieren in politische und gesellschaftliche Diskurse. Schon früh erkannte die Künstlergruppe, dass das Internet ein vielversprechendes Medium für die Kunst ist. Mit ihren ersten Projekten wie Vote-Auction, aber auch mit aktuellen Arbeiten wie Breitbart Red, bringen sie politische Themen ins Netz und machen damit nicht nur auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam, sondern schaffen spekulativen Raum für politische Aktionen. Auch mit Arbeiten wie [F]original oder Bankstatement Generator reagieren UBERMORGEN künstlerisch auf politischen Druck und eröffnen mithilfe von einfachen technologischen Hacks konkrete Handlungsräume. Dabei nutzt das Duo Branding- und Marketing-Strategien besonders geschickt, um seinen antiautoritären Anspruch zu kommunizieren und medienwirksam Aufmerksamkeit zu generieren. Mit GWEI – Google Will Eat Itself (2005) und Amazon Noir (2006) setzt sich UBERMORGEN kritisch mit der Macht dominanter (Internet-)Konzerne, der Kommerzialisierung des Internets und Fragen nach (gemeinschaftlichem) Urheberrecht und Markenschutz auseinander. Insbesondere Themen wie (geistiges) Eigentum, Originalität und künstliche Verknappung/Knappheit haben in den vergangenen Jahren aufgrund des Hypes um NFTs erneut an Bedeutung gewonnen und zeigen, wie wichtig es ist, dass UBERMORGEN und weitere Künstler:innen ihrer Generation zu einem fundierten kritischen Diskurs beigetragen haben. Für ihre bahnbrechenden Arbeiten wurde die Künstlergruppe UBERMORGEN bereits mehrfach ausgezeichnet. Die Jury möchte besonders hervorheben, wie wichtig und einflussreich ihre Arbeit für die Schweizer Medienkunst ist und war.

Preise

Lumen Gold Award for UNINVITED (Nye Thompson & UBERMORGEN), 2021 | Outstanding Artist Award of the Republic of Austria (Medienkunst), 2019 | Lifetime Achievement Award for New Media, City of Vienna, 2015 | Swiss Art Award, 2011 | ARCO Beep Award, Madrid, 2009 | AND Award, Abandon Normal Devices Festival, Northern England, 2009 | Transmediale Award, Transmediale Berlin, 2008 | IBM Award for New Media, 2007 |Ars Electronica, Linz (Award of Distinction), 2005 | New Museum, New York, Rhizome Award, 2005 | Goldene Nica, Ars Electronica Linz, Austria (etoy), 1996

Ausstellungen

Liverpool Biennial | Whitney Museum | MoMA PS1 | Centre Pompidou | Gwangju Biennale | Louvre Paris | Biennale of Sydney | SFMOMA | MOCA Taipei | ICA Miami | The National Museum of China | Serpentine Galleries | Chronus Shanghai | Museo Reina Sofia | New Museum | Somerset House | Haifa Museum of Art | The Hermitage Museum | Wei-Ling Kuala Lumpur | HKW Berlin | ZKM | The Bogotá Museum of Modern Art | ArtScience Singapore | KW Institute for Contemporary Art, Berlin | 3331 Tokyo | WRO Media Art Biennale | Prague Biennale | Shenzhen Museum of Contemporary Art and Urban Planning | ICC Tokyo

Back To Top

Johanna Müller

Johanna Müller, What If I Was Wrong About What Jesus Looks Like, 2021, HD Video, 16:9, 8 min 19 sek, Farbe, Ton, Standbild, mit Genehmigung der Künstlerin

Johanna Müller (*1990) bezeichnet sich selbst als Flaneurin des Internets, untersucht, wie wir uns in Online-Räumen bewegen und verhalten. Dabei versteht sie das Flanieren als aktiven Prozess des Reframings und der Rekontextualisierung von Inhalten, die sich in ihren Arbeiten in den verschiedensten Medien von Video über installative Objekt-Assemblagen bis zur Performance zeigen. Müllers Arbeiten zeichnen sich durch die Analyse von Phänomenen einer vernetzten, immer komplexer werdenden, aber auch überwachten Kultur der Digitalität aus. Sie widmet sich beispielsweise dem Phänomen des «walled garden», ein kontrolliertes, abgeschlossenes System, um User:innen-Verhalten zu kontrollieren, wie zum Beispiel in dem Werk What If I Was Wrong About What Jesus Looks Like (2021), oder der Meme-Kultur, wie in der Arbeit Who the f*** is Karen? (don’t show feelings) (2022). «My soul is a vast and infinite well of energy and creativity, I can draw from it any time that I like to help me think or create.» So sinniert die Computerstimme in Johanna Müllers Arbeit I worked out today and now I’m posing with my art piece (2022). Das Zitat stammt aus einem Interview mit LaMDA, einem neuronalen Sprachmodell von Google. Eben einen solchen Text-to-Image-Generator namens Midjourney nutzt Müller, um aus­gehend von einem Selbstporträt mit Vase eine Flut von Bildmotiven zu generieren, die in schneller Abfolge die visuelle Ebene des Videos ausmachen. Zeitweilig noch zu erkennen, morphen Gesicht und Vase zu immer abenteuerlicheren Gebilden und verselbstständigen sich zu surrealen Strudeln aus Weiss und Blau. Die Künstliche Intelligenz in Müllers Arbeit suggeriert Empfindungsfähigkeit – eine Qualität, die bisher biologischen Organismen vorbehalten war – und positioniert sich damit im hochaktuellen Diskurs um die Singularität von KI, welche durch webbasierte KI-Software für Text-, Sprach- und Bildgeneration in der Mitte der Gesellschaft angekommen ist. Die Jury war überzeugt von der Qualität der Analyse von Müller für alle Arten von sozialen Plattformen zur Selbstdarstellung.

Preise | Awards

Werkbeitrag Kanton Zürich, 2022

Ausstellungen | Exhibitions

Kunsthalle Winterthur | Haus Konstruktiv, Zürich | Kunstkasten, Winterthur | Villa Sträuli, Winterthur | 25. Internationale Kurzfilmtage Winterthur

Back To Top

Giulia Essyad

Giulia Essyad, Period Shame, Aluminiumrahmen, LED, Druck auf Plane 100 × 200 × 15 cm 2019, Blue Period, Lokal INT, 2019, Foto: Giulia Essyad, mit Genehmigung der Künstlerin

Giulia Essyad (*1992) erforscht die Darstellung des menschlichen Körpers, insbesondere in Werken der Populärkultur wie den Filmen Avatar und Charlie und die Schokoladenfabrik oder Figuren aus Picassos Blauer Periode. Essyad analysiert insbesondere die Art und Weise, wie der menschliche Körper in den sozialen Online-Räumen, die heute von einer Kultur bestimmt werden, in der das Bild vorherrscht, zum Gegenstand von Diskussionen, Verwandlungen und Zelebrierungen, ja fast zum Schlachtfeld wird. Die auf den Körper aufgetragene Farbe Blau als Symbol der Entfremdung und des Andersseins ist ein wiederkehrendes Element in Essyads Werken, ebenso wie das Motiv der «Blueberry Inflation», einer Verwandlung, die der Charakter Violet Beauregarde in Willy Wonkas Schokoladenfabrik durchmacht und die eine weltweite Fanbase hervorgebracht hat. In diesem Fall stellen der Körper und seine Verwandlungen in Essyads Werk eine Rückeroberung des Körpers gegen die von der Konsumgesellschaft auferlegten Ideale der Perfektion dar. In dem Werk blueberry.inflation.v1.2 (2021) beispielsweise soll die Verwandlung des Körpers der Künstlerin in eine saftige Blaubeere nicht die moralische Warnung des Films wider­spiegeln, der diese Metamorphose inspiriert hat, sondern eine Hommage an die Nische der Fans sein, die den opulenten Körper in seinen erotischen und vergnüglichen Aspekten aufnehmen und feiern. Essyad greift auch die traditionellen Werte der westlichen Kultur an. In dem satirischen Science-Fiction-Werk BLUEBOT (2021) ist ein blauer Roboter der Überlebende einer vergangenen matriarchalischen Gesellschaft, im Gegensatz zu der Gesellschaft, die wir kennen. In ähnlicher Weise thematisiert das Werk Familiar (2019) spielerisch die Enteignung von Bräuchen und Traditionen, die von der kolonialen Kultur als exotisch angesehen werden. Die Jury würdigt die Kohärenz und den Scharfsinn, mit denen Giulia Essyad das Thema des Körpers in ihren Arbeiten behandelt, die von der Performance über die Poesie bis hin zur bildenden Kunst reichen.

Preise  | Awards

Swiss Art Awards 2023 | Kiefer Hablitzel 2021 | Pro Helvetia Residency Award 2020

Ausstellungen | Exhibitions

Fri Art Kunsthalle, Fribourg | Cherish, Geneva | Lokal-Int, Biel | Oxyd, Wintherthur | Like A Little Disaster, Poligno a Mare, | For, Basel | CAC, Genève | Kunsthaus Riehen, Basel | CEC Genève | Kunstmuseum Solothurn | Forde, Genève | MOCA, Taipei

Back To Top